Der Pharmakonzern Lonza will sich 50 Jahre Zeit lassen, um die Chemiemülldeponie Gamsenried bei Brig (VS) aufzuräumen. Die Deponie ist jedoch undicht. Es läuft giftiges Benzidin aus und verschmutzt das Grundwasser massiv. Die Lonza muss jetzt handeln und die Deponie innert 15 Jahren einmalig, sicher und definitiv sanieren. Dies verlangten AefU, OGUV, Pro Natura Oberwallis sowie der WWF an einer Medienkonferenz in Visp (VS).
Die Chemiemülldeponie Gamsenried der Lonza ist ein chronischer Störfall. Sie läuft seit Jahrzehnten aus, verschmutzt das Grundwasser z. B. mit dem äusserst gefährlichen Benzidin und gefährdet das Trinkwasser. Darum ist eine Sanierung dringlich
Lonza will sich Zeit lassen, anstatt endlich zu handeln
Trotz dieser Dringlichkeit will sich der Pharmakonzern Lonza reichlich Zeit lassen. Er plant mit 50 Jahren für die gesamte Sanierung. Das ist ein unrealistischer Zeitraum. Wer weiss im Jahr 2072, wenn die Lonza fertig aufgeräumt haben will, was heute, also im Jahr 2022, war? 2072 werden die meisten verstorben sein, die heute mitentscheiden. Das ist zu viel Wissensverlust und ein inakzeptables Hinausschieben der Wahrnehmung einer schweren Verantwortung der Lonza. «Eine unmittelbare, abgeschlossene Sanierung schafft Sicherheit für Mensch und Umwelt. Dieses Vorgehen hat sich auch bei anderen Deponien in der Schweiz bewährt», hält Catherine Martinson, Mitglied der Geschäftsleitung des WWF Schweiz heute an der Medienkonferenz in Visp (VS) fest
Die Lonza kann, wenn sie will
In Visp hat die Lonza 2020/2021 auf der grünen Wiese riesige Produktionsstrassen hochgezogen, um unzählige Dosen Corona-Impfstoff herzustellen. Trotz der grossen Komplexität nahm Lonza die Anlagen zur Produktion nach wenigen Monaten in Betrieb. «Eine enorme Leistung des Pharmakonzerns. Die Impfstoffproduktion zeigt: Lonza kann, wenn sie will», betont Bernhard Aufdereggen, Präsident der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) und fährt fort: «Wir erwarten, dass Lonza bei der hochgefährlichen Deponie Gamsenried eine ähnliche Performance hinlegt». Dazu muss die Lonza mehrere Ingenieurbüros anstellen, nur erfolgversprechende Sanierungsmethoden verfolgen und die unrealistische in-situ Behandlung fallen lassen. Zudem sollte sie Labor- und Entsorgungskapazitäten vor Ort schaffen sowie die Sanierungsarbeiten gleichzeitig an mehreren Stellen auf der Deponie angehen. So lässt sich die Deponie innerhalb von 15 Jahren sicher, einmalig und definitiv sanieren.
Unhaltbar und unkontrolliert
Wie unhaltbar und schliesslich unkontrolliert die Situation rund um die Lonza-Deponie Gamsenried heute teils ist, zeigte sich ab 2016 in der Folge der Arbeiten im Rahmen der dritten Rhonekorrektion. Damals wurden grosse Mengen von verschmutztem Grundwasser unrechtmässig in die Rhone abgepumpt, um den Grundwasserspiegel abzusenken. Die Situation ist damals komplett aus dem Ruder gelaufen. Das darf in Zukunft nicht mehr geschehen.
Dynamische Risikoanalyse zwingend
Deshalb fordern AefU, OGUV, Pro Natura Oberwallis und WWF eine dynamische Risikoanalyse. Sie soll zeigen, welche Konsequenzen Entscheidungen sowie Pannen auf das Grund- und Oberflächenwasser, die Böden und die Luftqualität haben. Diese Risikoanalyse kommt bei allen Aktionen rund um die Deponie Gamsenried und deren Sanierung, bei allen Massnahmen der Rhonekorrektur und eventuell weiteren Projekte im Raum Brig/Visp zum Einsatz. Sie soll zudem u. A. zur Optimierung der Sanierungsmethoden und bei den Entscheidungen zu Transportfragen und Unfallrisiken während den Arbeiten eingesetzt werden. Eva-Maria Kläy von Pro Natura Oberwallis stellt fest: «Die Schaffung einer dynamischen Risikoanalyse ist ein erster Schritt für eine sichere, einmalige und definitive Sanierung der Deponie Gamsenried innerhalb von 15 Jahren.»